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Der Baum des Haders

Die Isländische
"Saga vom weisen Njál"
Bearbeitung: David Wade
(auf der Grundlage der Übersetzung
von Magnus Magnusson und
Hermann Pálsson)
deutsche Fassung: Helga Pfetsch
Regie: Klaus Mehrländer
Produktion: WDR 1991/ca. 295'


In kaum einem anderen Land ist die Faszination des geschriebenen Wortes so groß wie auf Island. Zeugnis davon legen vor allem die im Mittelalter auf der Insel entstandenen Sagas ab, umfang- und personenreiche Familiengeschichten, die zur Zeit der Christianisierung im zehnten und elften Jahrhundert spielen, zum Teil also unmittelbar nach der "Landnahme", der Besiedlung. Von vielen herausragenden zeitgenössischen Dichtern sind sie als hypermoderne Literatur gepriesen worden, die ihnen als Vorläufer, ja als Vorbild des modernen Romans gelten. Für die Isländer sind die Sagas bis auf den heutigen Tag mehr als Literatur; sie sind, fast einer religiösen Wirkung gleich, eine Art zeitloser Kraftquelle, aus der sich Stärke und Hoffnung schöpfen ließen im Jahrhunderte langen Existenzkampf dieses ersten "demokratischen" Landes in Europa.
"Die Geschichte vom weisen Njál", so der Titel der deutschsprachigen Übersetzung, gilt unter den vielen isländischen Familien-Sagas als die literarisch reifste. Im Original "Njálssaga", kurz "Njála" oder auch nach dem Hauptereignis des Mordbrandes "Brennu-Njáls-Saga" genannt, enthält sie die durchgängigen Motive der Saga-Literatur: das harte Ringen um Besitz, die daraus resultierenden Kämpfe, gerichtlichen Auseinandersetzungen, Erschlagungen und Blutrachen. Der Existenzkampf gerät zu einem unaufhaltsamen Kreislauf der Gewalt, in den alle hineingerissen werden, ein Kreislauf, der sich aus sich selbst erneuert - selbst gegen den Willen der Hauptakteure. Diese sind Njál und Gunnar, der eine Richter des Althing, der die blutigen Fehden durch weise Rechtssprüche zu beenden sucht, der andere, sein bester Partner bei diesem Versuch, ein kühner Kämpfer und einer der besonnensten Männer seines Landes. Doch der Friedenswille dieser beiden Männer kann das von Njál vorhergesehene Unheil nicht abwenden: Auch wenn der Baum des Haders welkt, ein einziges Samenkorn genügt, um ihn erneut zum Sprießen zu bringen.

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